Weniger touristisch als Lübeck versteckt diese Sachsen-Anhalt Stadt von 23.100 Einwohnern Deutschlands erste mittelalterliche Münzstätte

Ich stehe an einer verwitterten Backsteinmauer in Salzwedel, wo die Morgensonne die roten Ziegel zum Leuchten bringt. In dieser 23.100-Einwohner Stadt in Sachsen-Anhalt verbirgt sich eines der bestbewahrten Geheimnisse deutscher Geschichte: Die Alte Münze, eine der nur drei erhaltenen mittelalterlichen Münzstätten mit originaler Architektur. Meine Finger gleiten über die alten Backsteine, während ein älterer Herr seinen Laden öffnet und mir zunickt. Diese Stadt hat mehr zu bieten als der erste Blick verrät.

Dieses mittelalterliche Münzprägungszentrum überlebte 700 Jahre im Verborgenen

Die Alte Münze aus dem 14. Jahrhundert thront diskret zwischen Fachwerkhäusern und kopfsteingepflasterten Gassen. Sie ist nicht einfach ein Gebäude – sie war das wirtschaftliche Herz einer ganzen Region. Hier wurden einst die Währungen geprägt, die den hanseatischen Handel antrieben.

Während ich durch die niedrigen Türrahmen trete, umgibt mich sofort die kühle Luft vergangener Jahrhunderte. Die spätgotischen Gewölbedecken ragen über mir auf, und durch schmale Fenster fällt Licht auf den Steinboden, wo einst Münzmeister ihre Kunst ausübten.

Was diesen Ort besonders macht: Anders als in berühmteren Städten hat Salzwedel seine mittelalterliche Seele bewahrt, ohne sie für Touristen zu inszenieren. Die wenigen Besucher, die ich treffe, flüstern fast, als wollten sie die Stille nicht stören. Ähnlich wie Korbach, das als hessische Hansestadt beeindruckt, bietet Salzwedel authentische Geschichte ohne Touristenmassen.

Warum Salzwedels Backsteingotik internationalen Konkurrenten ebenbürtig ist

Die Backsteingotik-Tradition in Salzwedel findet Parallelen in anderen Städten wie Teterow mit seinen mittelalterlichen Stadttoren. Doch während Brügge jährlich 8 Millionen Touristen für vergleichbare Architektur anzieht, bleibt Salzwedel mit gleichwertiger Bausubstanz nahezu unentdeckt.

Besonders faszinierend ist der leicht gekrümmte Turm der Marienkirche, der sich 80,3 Meter in den Himmel reckt. Diese kleine Imperfektheit, entstanden durch Setzungen im weichen Boden, verleiht dem Bauwerk Charakter – wie eine Narbe, die eine Geschichte erzählt.

„Wir bewahren hier etwas, das anderswo längst dem Massentourismus zum Opfer gefallen wäre. Wenn du durch die Gassen gehst, hörst du noch das Echo der Geschichte, nicht das Klicken von Kameras.“

Ich fotografiere die Reste der historischen Stadtmauer, deren Verlauf noch heute durch sichtbare Pflastersteine markiert wird – ein subtiles Zeugnis der einstigen Trennung zwischen der Alten und Neuen Stadt Salzwedel. Diese architektonischen Details würden in überlaufenen Touristenzentren kaum Beachtung finden.

Das verschwundene Handwerk: So entstanden hier einst die Münzen einer Region

Sachsen-Anhalt bewahrt neben Salzwedels Münzstätte weitere historische Geheimnisse, wie die berühmte Himmelsscheibe von Nebra. Doch während ich meine Hand über die steinernen Tische streiche, an denen Silbermünzen geschlagen wurden, spüre ich eine besondere Verbindung zur Vergangenheit.

Die Münzprägung war ein streng gehütetes Handwerk. Metalle wurden geschmolzen, in Formen gegossen und dann mit präzisen Hammerschlägen zu Münzen geprägt. Ein einziger Fehler konnte die Währung einer ganzen Region entwerten.

Im Danneil-Museum finde ich eine Sammlung alter Münzen, darunter den Salzwedeler Pfennig aus dem 14. Jahrhundert. Sie erzählen eine Geschichte von Handel, Macht und einer Zeit, als Salzwedel ein bedeutendes wirtschaftliches Zentrum war.

Perfekter Besuchszeitpunkt: Warum der Sommer 2025 ideal für Salzwedel ist

Wer Sachsen-Anhalt erkundet, sollte neben Salzwedel auch das nahe Querfurt mit seiner beeindruckenden Burg besuchen. Der beste Zugang zur Altstadt ist über den Parkplatz am Burgturm, der kostenlos ist und nur 5 Gehminuten vom historischen Zentrum entfernt liegt.

Besuchen Sie die Alte Münze idealerweise vormittags zwischen 10 und 12 Uhr, wenn das Licht durch die schmalen Fenster besonders stimmungsvoll fällt. Im Sommer 2025 ist ein Besuch perfekt, da das traditionelle Hansefest im Juli stattfindet und die historischen Restaurierungsprojekte wie das Badehaus zum ersten Mal teilweise zugänglich sein werden.

Während meine Frau Sarah die Gewölbe der Alten Münze fotografiert, denke ich daran, wie anders Salzwedel zu den überlaufenen Touristenmagneten steht – wie ein ruhiger Beobachter, der seine Geheimnisse nur denen preisgibt, die wirklich hinsehen. Diese Stadt ist wie ein gut gehütetes Familienjuwel: wertvoller durch seine Unbekanntheit. Wer das echte, unverfälschte Deutschland sucht, findet es in diesen Backsteinen, die seit Jahrhunderten schweigend Zeugnis ablegen.