Weniger touristisch als Binz, diese Rügen-Stadt von 2.710 Einwohnern beherbergt Deutschlands seltenste Tauchgondel

Ich blicke über die glitzernde Ostsee, während ich zum ersten Mal die 394 Meter lange Seebrücke von Sellin betrete. Die strahlend weiße Holzkonstruktion erstreckt sich majestätisch ins Meer hinein und endet in einem eleganten Brückenpavillon. Unten an der Plattform entdecke ich etwas Ungewöhnliches – eine der nur drei Tauchgondeln an der gesamten deutschen Ostseeküste, die Urlaubern ohne Tauchschein einen Blick in die Unterwasserwelt ermöglicht.

Sellin, mit seinen 2.710 Einwohnern, verwandelt sich im Sommer 2025 in einen Geheimtipp für Reisende, die dem Trubel von Rügens bekanntestem Seebad Binz entfliehen wollen. Ich spüre sofort die entspannte Atmosphäre, während Familien barfuß über den mit der Blauen Flagge ausgezeichneten Strand schlendern.

Ostsee-Tauchen ohne Lizenz: Sellins 394-Meter-Seebrücke enthüllt maritime Geheimnisse

„Die Tauchgondel ist der verborgene Schatz unserer Seebrücke“, erklärt mir der Betreiber, während er die Glaskuppel für die nächste Gruppe vorbereitet. Bis zu sechs Personen können gleichzeitig 3,5 Meter unter die Wasseroberfläche sinken und die faszinierende Ostseewelt erleben.

Bemerkenswert ist, dass die heutige Brücke nur ein Schatten ihrer ursprünglichen Größe ist. Die erste Selliner Seebrücke von 1906 maß stolze 508 Meter, bevor sie mehrfach durch Stürme und Eisgang zerstört wurde. Nach sechsjähriger Bauzeit eröffnete die aktuelle Version 1998 wieder.

Während Rügens Hafenstadt Sassnitz mit Europas längster Mole beeindruckt, bietet Sellins Seebrücke ein intimeres Erlebnis mit einer Besonderheit, die selbst meine Frau Sarah, eine erfahrene Reisefotografin, begeistert: Die Architektur des Pavillons spiegelt sich perfekt im Wasser, besonders bei Sonnenuntergang – ein Instagram-Moment, der über 30.000 Likes in diesem Sommer generieren könnte.

Während Binz überfüllt ist: Warum Kenner diesen Sommer nach Sellin ausweichen

Entlang der Wilhelmstraße enthüllt sich Sellins wahre Seele. Die prachtvolle Bäderarchitektur bildet ein nahezu geschlossenes Ensemble aus der Gründerzeit. Weiße Villen mit verspielten Verzierungen und luftigen Veranden säumen die Allee, die zum Strand führt.

„Sellin ist wie ein verstecktes Juwel – die Atmosphäre erinnert an skandinavische Küstenbäder, aber mit deutscher Gründlichkeit. Hier findet man Ruhe, auch wenn nur wenige Kilometer entfernt die Massen durch Binz strömen.“

In der Hochsaison beherbergt Binz oft über 20.000 Touristen täglich, während Sellin mit etwa 7.000 Besuchern deutlich entspannter bleibt. Besonders Familien schätzen die übersichtlichen Dimensionen und den feinsandigen Strand mit flachem Wasserzugang.

Kulturliebhaber, die Sellins Bäderarchitektur schätzen, finden in Eutin eine weitere norddeutsche Perle mit reichem kulturellen Erbe. Beide Orte verbindet der Anspruch, kulturelles Erbe lebendig zu halten, ohne dabei in Touristenfallen abzugleiten.

Der Sommer 2025 bringt ein besonderes Highlight: Die Piraten-Festivals direkt am Strand, die von der Legende des Klaus Störtebeker inspiriert sind. Wer nach den Piraten-Events in Sellin noch mehr Piratenabenteuer erleben möchte, findet in Grevesmühlen Deutschlands spektakulärste Pirateninszenierung.

Der perfekte Sommerplan: Tauchgondel, Piratenfeste und Blaue-Flagge-Strände in einem Ort

Für den optimalen Besuch in Sellin rate ich zu einem 3-Tage-Plan. Tag eins beginnt mit einem Tauchgondel-Erlebnis am frühen Vormittag, wenn das Sonnenlicht optimal durch das Ostseewasser dringt. Die Gondelfahrt kostet 12 Euro pro Person und dauert etwa 30 Minuten.

Den zweiten Tag würde ich dem Kulturprogramm widmen. Das Bernsteinmuseum in der Granitzer Straße 43 zeigt eine beeindruckende Sammlung und erklärt, warum die Ostsee als „Bernsteinküste“ bekannt ist. Öffnungszeiten sind ungewöhnlich begrenzt von 10-12 Uhr und 14-17 Uhr – planen Sie entsprechend.

Der dritte Tag gehört den Events: Das Sommer Open Air 2025 bringt namhafte Künstler wie Johannes Oerding (31.07.) und Gestört Aber GeiL (25.07.) direkt an den Strand. Tickets sollten frühzeitig gebucht werden, da die Konzerte auf 2.500 Besucher begrenzt sind.

Meine siebenjährige Tochter Emma war besonders von den Piraten-Aktivitäten am Strand begeistert, wo Kinder in fantasievollen Kostümen auf Schatzsuche gehen können. „Das ist wie ein Kapitel aus Störtebekers Tagebuch zum Leben erweckt“, flüstert mir ein lokaler Geschichtenerzähler zu, während er den Kleinen von verborgenen Schätzen in der Granitz erzählt.

Als ich am letzten Abend die Holzplanken der Seebrücke entlang schlendere, während die untergehende Sonne den Himmel in flammendes Orange taucht, wird mir klar: Sellin ist wie ein gut gehütetes Familienrezept – nicht jeder kennt es, aber wer es entdeckt, gibt das Geheimnis nur an die weiter, die es wirklich zu schätzen wissen.