Weniger touristisch als Bielefeld beherbergt diese nordrhein-westfälische Stadt von 157.548 Einwohnern Deutschlands kürzesten Fluss

Das rauschende Geräusch erreicht mich, bevor ich überhaupt den Dom erblicke. Mitten im Herzen Paderborns stehe ich plötzlich vor einem Naturschauspiel, das ich nie für möglich gehalten hätte: 200 Quellen brechen direkt unter dem Stadtzentrum hervor und speisen Deutschlands kürzesten Fluss. Die Pader – gerade einmal 4 Kilometer lang – entfaltet hier ein faszinierendes Wasserspektakel, das selbst mich als weltgereisten Journalisten sprachlos macht. Mit jedem Schritt durch die Altstadt wird mir klar: Ich bin einem der bestgehüteten Naturgeheimnisse Europas auf der Spur.

5.000 Liter pro Sekunde: Deutschlands verborgenes Wasserphänomen

Was mich völlig überrascht: Aus dem Paderborner Untergrund sprudeln 5.000 Liter Wasser pro Sekunde an die Oberfläche – genug, um einen olympischen Swimmingpool in weniger als 30 Minuten zu füllen. Die Wassermassen entspringen aus mehr als 200 einzelnen Quellen, die sich auf wenigen Quadratmetern im Stadtzentrum konzentrieren.

Während einige nordrhein-westfälische Städte für ihre mittelalterlichen Stadtmauern bekannt sind, zeichnet sich Paderborn durch sein einzigartiges Wasserphänomen aus. Der Grund für dieses Naturwunder? Ein weitläufiges unterirdisches Karstsystem im Kalkstein, das Regenwasser aus dem 40 Kilometer entfernten Eggegebirge hierher leitet.

An den Paderquellen lässt sich ein einzigartiges ökologisches System beobachten. Das kristallklare Wasser hat konstant 9 Grad Celsius – im Sommer eine willkommene Abkühlung. Während ich über die kleinen Brücken zwischen den Quellen wandere, sehe ich, wie die Wassermassen sich zu verschiedenen Flussarmen vereinen, bevor sie sich nach nur 4 Kilometern in die Lippe ergießen.

Weniger bekannt als Cambridge, mit vierfacher Quellendichte

Die architektonische Mischung aus Dom, Fachwerkhäusern und modernen Elementen erinnert mich an Cambridge in England. Doch während Cambridge für seine malerischen Punting-Boote auf dem Cam bekannt ist, bietet Paderborn mit seinen 157.548 Einwohnern eine viel intimere Wasserkultur – ohne die Touristenmassen.

„Wir haben hier ein Naturphänomen, das nirgendwo sonst in Europa in dieser Form existiert. Viele Besucher können kaum glauben, dass all diese Wassermassen direkt unter unseren Füßen aus dem Boden sprudeln.“

Die Region Nordrhein-Westfalen bietet neben Paderborns Wasserreichtum auch bedeutende Kunsthandwerkstraditionen, doch die Wasserkultur Paderborns ist einzigartig. Während meiner Recherchen erfahre ich, dass diese Quellen einst als germanisches Heiligtum galten, bevor Karl der Große sie im 8. Jahrhundert für die Zwangstaufe der Sachsen nutzte – ein historischer Moment, der die Christianisierung Norddeutschlands einleitete.

Die Pader ermöglichte zudem Paderborns frühe Industrialisierung. Entlang des kurzen Flusses entstanden über 20 Mühlen, deren Reste heute noch zu sehen sind. Das klare Wasser wurde für Bierbrauereien und Bäckereien genutzt – eine Tradition, die teilweise bis heute fortbesteht.

Was die Reiseführer Ihnen nicht erzählen

Der beste Zugang zu den Paderquellen beginnt am Paderborner Dom. Von dort folgen Sie einfach dem Rauschen des Wassers. Besonders magisch sind die Quellen am frühen Morgen, wenn das erste Sonnenlicht die Wasseroberfläche zum Glitzern bringt und die Stadt noch schläft.

Für einen perfekten Tag in Paderborn kombinieren Sie einen Spaziergang entlang der Quellen mit einem Besuch im Heinz-Nixdorf-MuseumsForum – dem größten Computermuseum der Welt. Neben Paderborns berühmtem Computermuseum bietet Deutschland weitere einzigartige Museumserlebnisse, die einen Besuch wert sind.

Im Sommer 2025 lohnt sich ein Abstecher zum SchlossSommer im barocken Schloss Neuhaus, 4 Kilometer außerhalb des Stadtzentrums. Hier erwarten Sie Open-Air-Konzerte und lokale Spezialitäten in einem der schönsten Barockgärten Deutschlands.

Ein lokaler Geheimtipp: Besuchen Sie das Paderquellgebiet nach einem starken Regenschauer. Dann erreicht das Wasservolumen seinen Höhepunkt, und die Quellen bieten ein noch beeindruckenderes Schauspiel – ein idealer Zeitpunkt für Fotografen.

Als ich Paderborn verlasse, nehme ich das Rauschen der Quellen noch in meinen Ohren mit. Sarah wird die Fotos dieser ungewöhnlichen Wasserlandschaft lieben – ein Naturphänomen, das sich inmitten einer historischen Stadt verbirgt. Wie ein alter Paderborner mir sagte: „Wasser ist hier nicht nur Landschaft, sondern das pulsierende Herz unserer Stadt.“ Ein treffender Vergleich für dieses verborgene Juwel Deutschlands, das mehr Aufmerksamkeit verdient als es bisher erhält.