Weniger bekannt als Weimar versteckt dieses Thüringen Städtchen von 16490 Einwohnern Europas größten Rosengarten

Der Junitag beginnt mit einem warmen Flüstern des Windes durch 8.600 Rosensorten, als ich durch das Eingangstor des Europa-Rosariums in Bad Langensalza trete. Hier, im Herzen Thüringens, nur 50 Kilometer nordwestlich von Erfurt, entfaltet sich ein botanisches Wunder, das in keinem Verhältnis zur bescheidenen Größe dieser Stadt steht. Mit gerade einmal 16.490 Einwohnern beherbergt Bad Langensalza eine der größten Rosensammlungen Europas – das entspricht einer Rosensorte für je 1,9 Einwohner.

Die mittelalterliche Stadtmauer mit ihren 17 erhaltenen Türmen rahmt dieses unerwartete Blütenmeer ein. Als Reisejournalist habe ich weltweit Gärten besucht, aber selten solch einen extremen Kontrast erlebt: eine tausendjährige Stadtanlage, die einen hochmodernen botanischen Schatz umgibt.

Das 8.600-Sorten-Spektakel: Europas verstecktes Rosenparadies

Während ich zwischen Reihen von Damascener-Rosen wandere, wird mir klar: Dies ist kein gewöhnlicher Stadtgarten. Das 13 Hektar große Rosarium übertrifft selbst Englands berühmten Sissinghurst Garden, der mit etwa 500 Rosensorten bereits als Gartenjuwel gilt.

Besonders beeindruckend: Über 450 alte Rosensorten blühen hier, viele davon sonst nirgendwo mehr zu finden. Im Juli 2025 erreicht das Rosarium seinen absoluten Höhepunkt – ein sechswöchiges Farbenspektakel, das selbst erfahrene Gärtner sprachlos macht.

Während das Sauerland-Dorf Assinghausen mit seinen 200 Rosensorten bereits beeindruckt, bietet Bad Langensalza ein botanisches Erlebnis von völlig anderem Maßstab. Die Stadt investiert jährlich über 280.000 Euro in die Pflege dieser lebenden Sammlung.

„Manche kommen für einen Tag und bleiben eine Woche. Die Rosen hypnotisieren dich regelrecht – besonders wenn du sie mit der mittelalterlichen Kulisse erlebst. Es ist, als würden zwei Zeitperioden gleichzeitig existieren.“

Dieser Kontrast wird besonders deutlich, wenn man vom Rosarium durch das Stadttor aus dem 14. Jahrhundert in die Altstadt spaziert. In nur fünf Gehminuten wechselt man von botanischer Moderne in mittelalterliche Geschichte.

Mittelalterliche Kulisse trifft botanische Sensation

Bad Langensalzas Altstadt ist ein Wunder der Erhaltung mit über 80% historischer Gebäude. Fachwerkhäuser aus dem 16. Jahrhundert säumen enge Kopfsteinpflasterstraßen, die zum Marktplatz führen, wo das Rathaus mit seinem 32-Glocken-Spiel steht.

Thüringen beherbergt zahlreiche historische Schätze wie das mysteriöse Burgberg-Geheimnis in Themar, doch Bad Langensalza verbindet Geschichte mit lebendiger Botanik. Als ich die Bergkirche St. Stephani erklimme, eröffnet sich ein Panorama: mittelalterliche Dächer, umgeben von einem Meer aus Rosen.

Bemerkenswert ist die Stille. Trotz der botanischen Bedeutung bleibt Bad Langensalza von Massentourismus verschont. An einem Junitag zähle ich nur etwa 40 Besucher im Rosarium – ein krasser Gegensatz zu den überfüllten Gärten Italiens oder Frankreichs.

Die Stadt atmet eine authentische Ruhe, die in Weimar mit seinen jährlich 3,5 Millionen Touristen längst verloren gegangen ist. Hier kann man noch ungestört durch mittelalterliche Gassen schlendern und dabei den Duft Tausender Rosen genießen.

Der präzise Blütenzeitplan: Warum Juli 2025 der perfekte Moment ist

Meine Recherchen ergeben: Der Juli 2025 wird ein besonders intensives Blütenjahr. Nach einem milden Winter und feuchten Frühjahr prognostizieren Gärtner eine außergewöhnliche Blütenpracht. Das Rosensommerfest (12.-14. Juli 2025) bietet zusätzlich lokale Köstlichkeiten und Handwerkskunst.

Für den besten Besuch empfehle ich die frühen Morgenstunden zwischen 7 und 9 Uhr, wenn Tautropfen die Blüten schmücken und das Licht perfekt für Fotografen ist. Parken Sie am Arboretum-Parkplatz (Tagessatz 5 Euro), der nur 3 Gehminuten vom Rosarium entfernt ist.

Während Bad Kösen für sein nördlichstes Weingebiet bekannt ist, lockt Bad Langensalza mit seiner nördlichen Rosenkultur – beide Kurorte ergänzen sich ideal für eine Rundreise.

Als die Abendsonne durch die Rosenblätter fällt und goldene Lichtreflexe auf die mittelalterlichen Mauern wirft, wird mir klar: Das hier ist kein gewöhnliches deutsches Städtchen. Es ist ein botanisches Wunder in historischer Verpackung – ein Ort, den meine Frau Sarah, unsere Fotografin für diesen Artikel, als „lebendiges Gemälde“ bezeichnet. Wie ein gut gehütetes Familienrezept bewahrt Bad Langensalza sein Rosenwunder für diejenigen, die bereit sind, abseits ausgetretener Pfade zu suchen.