Warum diese brandenburgische Stadt von 10.027 Einwohnern Berlin 43 Quintillionen Euro schuldet

Der Regen trommelt leicht auf mein Notizbuch, während ich im Schatten der mittelalterlichen St.-Moritz-Kirche stehe. Die 400 Gulden schwere Schuld, die Berlin seit 1562 an diese kleine Stadt schuldet, hat mich nach Mittenwalde gelockt – gerade 30 Kilometer südöstlich der deutschen Hauptstadt. Was als einfache Geldleihe begann, wäre heute theoretisch auf 43 Quintillionen Euro angewachsen – eine Summe, die 143 Mal das deutsche BIP übersteigt.

Die vergessene Schuld: Wie 400 Gulden zu 43 Quintillionen Euro wurden

Der Stadtarchivar zeigt mir behutsam Kopien eines vergilbten Schuldscheins. „Dieser Kredit wurde nie zurückgezahlt“, erklärt er, während seine Finger über das Dokument gleiten. Die 400 Gulden wurden Berlin geliehen, als Mittenwalde noch wohlhabender war als die aufstrebende Großstadt.

Mit den Jahren vergaß Berlin die Schuld, während Mittenwalde sie akribisch dokumentierte. Durch 463 Jahre Zinseszins ist eine astronomische Summe entstanden – zumindest theoretisch. Während ich durch die 10.027-Einwohner zählende Kleinstadt wandere, frage ich mich, wie eine Stadt, die heute nur ein Bruchteil von Berlin darstellt, einst finanziell bedeutender sein konnte.

Dieser finanzhistorische Kuriosität hat sogar internationale Aufmerksamkeit erregt. Finanzexperten haben die theoretische Entwicklung dieser Schuld mehrfach berechnet. Ähnlich wie in Peine mit seinen Denkmälern seit 1220 findet man hier Geschichte, die buchstäblich unbezahlbar geworden ist.

Mittenwalde vs. Berlin: Das David-Goliath-Verhältnis einer historischen Schuld

Die 98,48 Quadratkilometer große Gemeinde steht im krassen Kontrast zur pulsierenden Metropole Berlin. Hier gibt es keine Warteschlangen, keine Touristenbusse, die den Marktplatz verstopfen. Stattdessen entdecke ich liebevoll restaurierte Ackerbürgerhäuser aus dem 14. und 15. Jahrhundert, die 67 Meter hohe Kirchturmspitze und authentischen Kleinstadtcharme.

„Die meisten Besucher kommen für einen Tag, entdecken aber oft, dass sie länger bleiben möchten. Unsere Stadt hat eine Seele, die man nicht in ein paar Stunden erfassen kann.“

Diese authentische Atmosphäre erinnert an Büdingen mit seinem 80% Denkmalschutz, obwohl Mittenwalde deutlich kleiner und intimer wirkt. Die Schuldengeschichte ist nur die Oberfläche dessen, was diese märkische Kleinstadt zu bieten hat.

Paul Gerhardt und kulturelles Erbe: Was Mittenwalde wirklich einzigartig macht

Jenseits der Schuldenanekdote entdecke ich das Vermächtnis von Paul Gerhardt, einem der bedeutendsten deutschen Kirchenlieddichter. Von 1651 bis 1657 schrieb er hier einige seiner wichtigsten Werke – eine kulturelle Parallele zu Arnstadt mit Bachs ersten Kompositionen.

Der 140 Kilometer lange Paul-Gerhardt-Wanderweg verbindet sechs Städte und beginnt hier. Sarah, meine Frau, hätte die Fotomotive geliebt: mittelalterliche Kirchen, verwitterte Grabsteine und den Blick vom Kirchturm über die märkische Landschaft mit ihren glitzernden Seen.

Mittenwaldes Naturparadies: Seen, Wälder und versteckte Aktivitäten

Der Motzener See liegt wie ein verstecktes Juwel nur wenige Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. An diesem Sommertag beobachte ich Paddler, die sanft über das Wasser gleiten. Die Wassersportangebote sind vielfältig – vom Kanuverleih bis zum Stand-Up-Paddling.

Naturfreunde schätzen diese Seenlandschaft ähnlich wie die umweltausgezeichneten Strände in Baabe. Die Wasserstraßen verbinden Mittenwalde mit Königs Wusterhausen und Zossen – ideal für mehrtägige Paddeltouren durch die stille Naturlandschaft.

Was Reiseführer nicht verraten: Insider-Tipps für Ihren Besuch

Die beste Zeit für einen Besuch ist April bis Oktober, wenn die Schleusenanlagen geöffnet sind. Parken Sie kostenlos am Marktplatz und starten Sie Ihre Erkundung mit dem Aufstieg auf den Kirchturm – 200 Stufen führen zur besten Aussicht der Region.

Während Bernkastel-Kues seine Weinfeste hat, pflegt Mittenwalde seine eigenen kulturellen Veranstaltungen rund um das Paul-Gerhardt-Erbe. Fragen Sie nach dem aktuellen Veranstaltungskalender in der Touristinformation am Salzmarkt.

Meine siebenjährige Tochter Emma würde die Draisinenbahn lieben – eine historische Bahnstrecke, auf der man selbst strampeln kann. Der Heimweg nach Berlin dauert nur 40 Autominuten, aber die Zeitreise fühlt sich an, als hätte man Jahrhunderte überwunden.

Als ich Mittenwalde verlasse, denke ich an die unbezahlte Schuld. Sie ist wie ein Symbol für die kleinen Schätze, die von größeren Nachbarn oft übersehen werden – ein perfektes Gleichnis für diese Stadt, die in Berlins Schatten auf Entdeckung wartet.