Dieses Mecklenburg-Vorpommern Dorf von 977 Einwohnern empfängt 88.000 Besucher pro Sommersaison

Die Morgensonne bricht über der Ostsee. Ich stehe am sanften Sandstrand von Glowe, einem Dorf mit gerade einmal 977 Einwohnern, das seit Januar 2024 den offiziellen Titel „Ostseebad“ trägt. Die Ruhe ist überwältigend. Schwer zu glauben, dass dieser versteckte Flecken an der Nordspitze Rügens jährlich 88.000 Besucher anzieht – ein erstaunliches Verhältnis von 90:1. Was mich jedoch wirklich fasziniert: Ich stehe hier in der ersten kompletten Sommersaison nach Glowes Statuserhebung, einem Moment, der diesen Ort für immer verändern könnte.

Vom unscheinbaren Dorf zum offiziellen Ostseebad: Der 90:1-Ort

„Seit Jahrhunderten sind wir hier, aber erst seit Januar dürfen wir uns offiziell Ostseebad nennen“, erklärt mir ein älterer Herr, während er sein Fischerboot streicht. Der 22,29 Quadratkilometer große Ort liegt perfekt geschützt zwischen der Halbinsel Jasmund und Wittow in einer Bucht an der Tromper Wiek.

Die offizielle Anerkennung kam nach jahrelangem Bemühen. Die Gemeinde musste strenge Kriterien erfüllen – von der Badewasserqualität bis zur touristischen Infrastruktur. Während andere Orte auf Rügen wie Thiessow für ihre besonders gesunde Meeresluft bekannt sind, punktet Glowe mit einem perfekten Mix aus Ostsee und Bodden.

Die Zahlen erzählen die wahre Geschichte: In der Hochsaison kommen auf jeden Einwohner 90 Besucher. Dieses Phänomen ist nicht einzigartig für Glowe – auch Zingst zeigt ein ähnliches Verhältnis, jedoch ohne den frischen Status als offizielles Ostseebad.

„Wir lieben unseren Ort ruhig und natürlich. Der neue Status wird mehr Besucher bringen, aber wir achten darauf, dass Glowe seinen Charakter behält. Hier ist die Ostsee noch wild und die Menschen entspannt.“

Das Anti-Binz: Warum Kenner jetzt zum neuen Ostseebad wechseln

Im Gegensatz zum exklusiven Sylt mit seinen Wanderdünen in List bietet Glowe authentisches Ostseeflair ohne Promi-Faktor. Und während Binz mit historischer Bäderarchitektur und Massentourismus lockt, konzentriert sich Glowe auf Naturerlebnisse und unberührte Strände.

Bürgermeister Thomas Mielke erklärt stolz: „Mit dem neuen Titel und den geplanten Entwicklungen bleibt Glowe ein Ort, der sowohl Tradition als auch Innovation verkörpert und seine Besucher immer wieder aufs Neue begeistert.“ Ein Spaziergang durch den Ort bestätigt dies: Keine Hotelkomplexe, stattdessen gepflegte Pensionen und kleine Ferienhäuser.

Während traditionelle Kurorte wie Bad Soden auf jahrhundertealte Traditionen zurückblicken, steht Glowe erst am Anfang seiner Entwicklung als offizielles Seebad. Wer neben Naturerlebnissen auch Kultur sucht, findet in Norddeutschland mit Ratzeburg einen ähnlich unentdeckten Schatz.

Was die Reiseführer Ihnen nicht erzählen

Der August 2025 ist der perfekte Zeitpunkt für einen Besuch. Die Bienenwiesen im Kurpark stehen in voller Blüte, und das Sanddornfest – ein lokales Ereignis, bei dem die goldene Frucht in allen Variationen gefeiert wird – findet traditionell in diesem Monat statt.

Vermeiden Sie die überfüllten Parkplätze an der Hauptpromenade und parken Sie stattdessen am Bodden-Parkplatz, nur 400 Meter vom Zentrum entfernt. Kostenlos und selbst in der Hochsaison selten voll. Der Strand ist am schönsten am frühen Morgen zwischen 6 und 8 Uhr, wenn die Sonne gerade über dem Horizont erscheint.

Ein Geheimtipp ist der kleine Aussichtsturm am Hafen, der einen spektakulären 360-Grad-Blick über die Ostsee bietet. Hier sieht man bei klarem Wetter bis nach Schweden – zumindest behaupten das die Einheimischen mit einem Augenzwinkern.

Als ich mit meiner Tochter Emma den kleinen Fischerhafen verlasse, sehe ich ein letztes Mal zurück auf dieses Dorf, das sich gerade in seiner ersten offiziellen Saison als Ostseebad befindet. Die Sanddornbüsche leuchten orange in der Abendsonne, als würden sie ein Geheimnis hüten. „Wie lange wird Glowe noch ein Geheimtipp bleiben?“, frage ich mich. Der neue Status, das extreme Besucher-Einwohner-Verhältnis und die unberührte Natur machen es zum perfekten Ostseeziel für 2025 – bevor der Rest der Welt es entdeckt.