Diese sächsische Stadt von 88.000 Einwohnern vereint Automobilgeschichte mit Hochkultur auf nur 42 Quadratkilometern

Das Erste, was mich am Bahnhof Zwickau empfängt, ist ein Hauch industrieller Geschichte, der sich mit dem Flair einer kleinen Kulturhauptstadt vermischt. Während ich durch die Straßen dieser 88.000-Einwohner-Stadt schlendere, verstehe ich sofort, warum mein lokaler Kontakt sie als „Turin des Ostens“ bezeichnet hatte. Aber im Gegensatz zum italienischen Automobilgiganten wirkt Zwickau kompakter, intimer – und steht an der Schwelle zu einer kulturellen Explosion, die kaum jemand außerhalb Sachsens auf dem Radar hat.

Mein Weg führt mich vom Bahnhof direkt zum historischen Hauptmarkt, wo bunte Renaissancefassaden einen architektonischen Rahmen bilden, der viel älter wirkt als die 42 Quadratkilometer große Stadt vermuten lässt. Zwischen Fachwerkhäusern und Jugendstilgebäuden verbirgt sich ein kulturelles Geheimnis, das 2025 seinen Höhepunkt erreichen wird – und das die meisten Reisenden völlig übersehen.

Warum diese sächsische Stadt 2025 zum unerwarteten „Turin des Ostens“ aufsteigt

Zwickau hat eine bemerkenswerte Dualität: Es ist gleichzeitig Automobilstadt und Kulturmetropole. An einem einzigen Tag kann ich vom August-Horch-Museum, wo der Audi-Konzern geboren wurde, zum Robert-Schumann-Haus spazieren, wo der berühmte Komponist seine Kindheit verbrachte. Diese Kombination aus Industrie und Hochkultur ist selbst unter den kulturell reichen deutschen Städten einzigartig.

Was die Stadt aber 2025 in den Fokus rückt, ist die Tatsache, dass Zwickau Teil des Kulturhauptstadtjahres wird. Besonders beeindruckend finde ich, dass diese Stadt mit ihrem Einzugsgebiet von 480.000 Menschen ein kulturelles Programm auf die Beine stellt, das normalerweise nur in Metropolen wie Dresden oder Leipzig zu finden ist.

Die Neueröffnung der Kunstsammlungen Zwickau im Januar 2025 mit einem völlig neuen Ausstellungskonzept ist nur der Anfang. Bei meinem Besuch konnte ich einen Blick hinter die Kulissen werfen, wo lokale Künstler gemeinsam mit internationalen Gästen an Installationen für den sogenannten „Purple Path“ arbeiten – einem Kunstpfad, der verschiedene Teile der Region verbinden wird.

„In den 30 Jahren, die ich hier lebe, habe ich nie so viel kulturelle Energie gespürt. Wir haben immer im Schatten von Dresden und Leipzig gestanden, aber 2025 kommen die Leute zu uns – und sie werden überrascht sein, was sie hier entdecken.“

Wo Automobilgeschichte und Hochkultur in einer unerwarteten Symbiose existieren

Was Zwickau besonders macht, ist die historische Verdichtung auf kleinem Raum. Während Dresden und Leipzig für ihre ausgedehnten Kulturviertel bekannt sind, konzentriert Zwickau seine Schätze in einem kompakten Zentrum, in dem 30-40% der Gebäude historischen Ursprungs sind. Ich kann vom mittelalterlichen Priesterhäuser-Museum – einem der ältesten erhaltenen Wohnensembles Mitteleuropas – in weniger als 15 Minuten zum futuristischen VW-Elektroauto-Werk laufen.

Diese Stadt hat mehr zu bieten als Dresden und Leipzig, nur kennt es kaum jemand. Ähnlich wie andere versteckte Perlen in Sachsen bewahrt Zwickau seine Authentizität, weil es vom Massentourismus verschont geblieben ist. Die historische Altstadt wirkt wie eine Zeitkapsel, in der Sarah, meine Frau, stundenlang fotografieren könnte.

Besonders beeindruckt hat mich das Gewandhaus mit seinem charakteristischen „Brillen-Giebel“ – ein architektonisches Juwel, das heute als Theater dient und während des Kulturhauptstadtjahres internationale Produktionen beherbergen wird. Das angrenzende Max-Pechstein-Museum beherbergt Werke des expressionistischen Malers, der hier geboren wurde – eine Sammlung, die in dieser Qualität in einer Stadt dieser Größe überrascht.

Was die Reiseführer Ihnen nicht über Zwickau erzählen

Der beste Zugang zur Altstadt ist über den Hauptbahnhof, von wo aus Sie in 10 Gehminuten den historischen Marktplatz erreichen. Parken können Sie kostenlos am Schwanenteichpark, einem grünen Juwel mitten in der Stadt, das im Sommer mit Open-Air-Konzerten lockt.

Besuchen Sie das August-Horch-Museum am besten früh morgens, wenn Sie die historischen Fahrzeuge ohne Menschenmassen bewundern können. Die Ratsschulbibliothek, die älteste öffentliche Bibliothek Sachsens, öffnet nur nach Voranmeldung ihre Pforten – ein Insider-Tipp für Bücherliebhaber, der selbst in umfangreichen Reiseführern fehlt.

Für ein authentisches kulinarisches Erlebnis empfehle ich die Gasthäuser im Mulde-Paradies, wo Sie sächsische Spezialitäten wie Zwickauer Leberkäse genießen können – weniger touristisch als die Restaurants in anderen sächsischen Kleinstädten und mit Blick auf den Fluss.

Während meine siebenjährige Tochter Emma am liebsten im Silbersee-Kletterwald außerhalb der Stadt herumgetobt wäre, zog es mich zum Dom St. Marien, dessen Flügelaltar von 1479 zu den Meisterwerken spätgotischer Kunst zählt – ein stiller Zeuge der kulturellen Tiefe dieser Stadt, die bald aus dem Schatten ihrer großen Nachbarn treten wird.

Zwickau ist wie ein gut gehütetes Familienrezept: Man versteht erst seinen Wert, wenn man es selbst erlebt hat. Und 2025, wenn die Kulturhauptstadt-Fanfaren erklingen, werden sich viele fragen, warum sie dieses „sächsische Turin“ nicht schon längst entdeckt haben. Mein Rat: Besuchen Sie es, bevor alle anderen es tun.