Diese deutsche Stadt von 25.650 Einwohnern versteckt 8.700 Rosensorten – dreimal mehr als Paris

Ich stehe inmitten eines Meeres aus Rosen – nicht Dutzende oder Hunderte, sondern 8.700 verschiedene Sorten auf 13 Hektar Land. Diese botanische Schatzkammer befindet sich nicht etwa in Paris oder London, sondern in einer unscheinbaren deutschen Kleinstadt mit gerade einmal 25.650 Einwohnern. Sangerhausen, gelegen im Bundesland Sachsen-Anhalt, bewahrt in seinem Europa-Rosarium die größte Rosensammlung der Welt – ein botanisches Wunder, das selbst erfahrene Weltreisende verblüfft.

Die versteckte Welthauptstadt der Rosen: Dreimal mehr als Paris

Während der berühmte Rosengarten in Paris nur etwa 3.000 Rosensorten beherbergt, übertrifft Sangerhausen diese Sammlung um das Dreifache. Zwischen 75.000 Rosenpflanzen wandere ich durch einen lebendigen Katalog der Rosengeschichte, von uralten Wildrosen bis zu modernsten Züchtungen.

Das Europa-Rosarium ist kein gewöhnlicher Garten, sondern eine wissenschaftliche Genbank. Auf meinen Reisen durch botanische Gärten weltweit habe ich selten eine solche Konzentration von Raritäten gesehen. Fast 2.000 Rosensorten existieren ausschließlich hier – sie sind nirgendwo sonst auf der Welt zu finden.

Im Herbst 2025 erlebe ich die Sammlung unter perfekten Bedingungen. Die zweite Blüte vieler Rosen entfaltet sich gerade, und die Touristenmassen des Sommers sind verschwunden. Ich genieße die sanfte Herbstsonne, die das Farbenspiel der Blüten intensiviert.

Ein lebendiges Museum: Rosen aus acht Jahrhunderten

Anders als in Wernigerode, das für seine mittelalterliche Architektur bekannt ist, liegt Sangerhausens Schatz nicht in Fachwerkhäusern, sondern in lebendiger Botanik. Die Stadt hat sich der Bewahrung des Rosenerbes verschrieben und schafft damit ein Alleinstellungsmerkmal in der globalen Gartenlandschaft.

„Wir bewahren hier die genetischen Codes der Rosengeschichte. Manche unserer Exemplare sind die letzten ihrer Art – wären sie verloren, wäre ein Stück Kulturgeschichte für immer verschwunden. In gewisser Weise sind wir Archivare des Lebendigen.“

Was diesen Ort von anderen Naturschätzen wie dem Biosphärenreservat bei Bleckede unterscheidet, ist die wissenschaftliche Präzision. Jede Rose ist katalogisiert, ihre Geschichte dokumentiert. Viele stammen aus dem 18. und 19. Jahrhundert – lebendige Zeugen vergangener Epochen.

Der Kontrast zwischen der kleinstädtischen Umgebung und der globalen Bedeutung dieser Sammlung könnte nicht größer sein. In einer Ecke entdecke ich sogar die sagenumwobene „Schwarze Rose“ – eigentlich dunkelrot, aber in bestimmtem Licht fast schwarz erscheinend.

Was die Reiseführer Ihnen nicht erzählen

Der beste Zugang zum Rosarium erfolgt über den Haupteingang an der Steinberger Straße. Parkplätze sind kostenlos und selbst an Wochenenden ausreichend vorhanden. Die ideale Besuchszeit im Herbst ist der späte Vormittag, wenn der Tau verdunstet ist, aber die Mittagshitze noch nicht eingesetzt hat.

Für ein authentisches Erlebnis empfehle ich, den thematischen Rundgang zu nehmen, der die Evolution der Rose von der Wildform bis zur modernen Züchtung nachzeichnet. Ein besonderes Highlight ist der Duftgarten, wo Sie mit verbundenen Augen verschiedene Rosendüfte erleben können.

Nach dem Rosarium lohnt ein Besuch im Bergbauerlebniszentrum Röhrigschacht – nur 5 Kilometer entfernt. Hier tauchen Sie 283 Meter tief in die Bergbaugeschichte ein, ähnlich wie in Altenberg im Erzgebirge, aber mit dem Fokus auf Kupferschieferabbau statt Zinn.

Während Torgau für seine protestantische Geschichte bekannt ist, verbindet Sangerhausen botanische Wissenschaft mit industriellem Erbe – eine Kombination, die ich so noch nirgendwo anders erlebt habe.

Die perfekte Zeit für einen Besuch

Aktuell erleben wir die zweite Blütezeit vieler Rosensorten. Diese Herbstblüte ist weniger üppig als die Hauptblüte im Juni, dafür aber intensiver in den Farben und ohne die Sommerbesuchermassen. Die Eintrittspreise liegen bei 7,50 Euro für Erwachsene – ein Schnäppchen für ein Weltwunder.

Während Sarah Fotos für ihre Rosenkollektion macht, denke ich daran, wie viele Reisende diesen Ort übersehen. Sie rasen auf der Autobahn vorbei, auf dem Weg zu bekannteren Zielen wie dem Harz oder Leipzig, ohne zu ahnen, dass sie an einem botanischen Schatz von Weltrang vorbeifahren.

In Sangerhausen erlebe ich Deutschland von seiner unerwarteten Seite – nicht als Land der Autobahnen und Industrie, sondern als Hüter lebendiger Geschichte. Wie die Rose selbst, die unter unscheinbaren Dornen vollkommene Schönheit verbirgt, versteckt diese kleine Stadt ein Weltwunder, das nur darauf wartet, entdeckt zu werden.