Diese brandenburgische Stadt von 41.481 Einwohnern hütet 2,59 kg verschwundenes Gold aus der Bronzezeit

Der Morgennebel hängt noch über dem Finowkanal, als ich am Rand von Eberswalde stehe. Vor mir liegt eine verschlafene brandenburgische Stadt von 41.481 Einwohnern, die ein goldenes Geheimnis hütet. Nicht irgendeinen Schatz, sondern den Eberswalder Goldschatz – mit 2,59 kg reinem Gold aus dem 9. Jahrhundert v. Chr. einer der bedeutendsten archäologischen Funde Europas. Und doch kennen ihn selbst die meisten Deutschen nicht.

Die Geschichte dieses Schatzes liest sich wie ein Kriegsthriller. Gefunden 1913, ausgestellt im Berliner Museum für Vor- und Frühgeschichte, dann 1945 plötzlich verschwunden. Der Goldschatz, der aus 81 einzelnen Objekten besteht, wurde von der Roten Armee beschlagnahmt und galt Jahrzehnte als verschollen.

Goldschatz von Weltrang: Wertvoller als Trojanische Funde

Die Morgensonne bricht durch die Wolken, als ich das Stadtmuseum Eberswalde betrete. Hier stehen exakte Repliken der Goldspiralringe, Armreifen und Drahtspiralen, die einst in einem Tongefäß hier in der Nähe gefunden wurden. Der Wert des Fundes ist kaum zu überschätzen – er übertrifft sogar Heinrich Schliemanns berühmte Trojanische Goldfunde an historischer Bedeutung.

„Der Eberswalder Schatz gilt als der bedeutendste mitteleuropäische Bronzezeitfund überhaupt“, erklärt mir die Museumsleiterin. „Was Sie hier sehen, sind nur Repliken. Die Originale befinden sich heute im Puschkin-Museum in Moskau – Teil der Kriegsbeutekunst, die nie zurückgegeben wurde.“

Während Städte wie Wolfenbüttel ihre historischen Schätze durch den Krieg bewahren konnten, verlor Eberswalde seinen größten Schatz an die Wirren der Geschichte. Was blieb, ist eine faszinierende Erzählung von Entdeckung, Verlust und kulturellem Erbe.

„Man spürt hier eine gewisse Wehmut. Dieser Schatz gehört zur Seele unserer Stadt, auch wenn wir ihn nur in Kopien bewundern können. Er verbindet uns mit einer dreitausend Jahre alten Vergangenheit, die man mit eigenen Augen sehen kann.“

Verschwunden im Krieg: Ein deutsches Eldorado in Russland

Die 81 Goldobjekte haben eine dramatische Geschichte erlebt. Nach ihrer Entdeckung 1913 wurden sie zum Nationalschatz erklärt und in Berlin ausgestellt. Dann kam der Zweite Weltkrieg. Als die Rote Armee 1945 Berlin einnahm, verschwanden zahlreiche Kunstschätze – darunter auch der Eberswalder Fund.

Jahrzehntelang galt er als verschollen, bis er schließlich im Puschkin-Museum in Moskau wiederentdeckt wurde. Während Frankfurt (Oder) heute eine Brücke zwischen Deutschland und Polen bildet, erinnert die Geschichte des Eberswalder Goldschatzes an die komplexen deutsch-russischen Beziehungen.

Die kunsthistorische Bedeutung des Fundes ist enorm. Die filigrane Handwerkskunst der Spiralringe und Armreifen zeugt von einem hohen Entwicklungsstand der Bronzezeit-Kultur. Während Kunstliebhaber in Moritzburg das einzigartige Federzimmer bestaunen, zieht in Eberswalde eine Goldsammlung von internationalem Rang Besucher an – wenn auch nur als Repliken.

Was die Reiseführer Ihnen nicht erzählen

Das Stadtmuseum Eberswalde in der historischen Adler-Apotheke ist der beste Ort, um die Geschichte des Goldschatzes zu erleben. Besuchen Sie es am Vormittag vor 11 Uhr, wenn die Touristengruppen noch nicht eingetroffen sind. Der Eintritt beträgt nur 5 Euro, ein Schnäppchen für diese kulturelle Schatzkammer.

Brandenburg beherbergt nicht nur Jüterbog mit seinem einzigartigen elliptischen Stadtkern, sondern auch Eberswalde mit seinem internationalen Goldschatz-Mysterium. Nach dem Museumsbesuch empfehle ich einen Spaziergang zum Finowkanal, Deutschlands ältester künstlicher Wasserstraße.

Im Familiengarten Eberswalde, nur 10 Gehminuten vom Museum entfernt, können Sie auf 17 Hektar eine faszinierende Mischung aus Industriegeschichte und märchenhaften Spiellandschaften erleben. Das riesige Gelände beherbergt unter anderem die größte Taschenuhr der Welt und die längste Sitzbank Europas.

Während Mainz mit Gutenbergs Erfindung die Welt der Information revolutionierte, veränderte der Eberswalder Goldschatz unser Verständnis der europäischen Bronzezeit. Beide Städte haben die Welt auf ihre Weise geprägt, doch Eberswalde bleibt ein Geheimtipp für Geschichtsliebhaber.

Als ich Eberswalde verlasse, nehme ich das Bild einer Stadt mit, die ihr verlorenes Gold nie vergessen hat. Sarah würde die filigrane Handwerkskunst der Bronzezeit-Goldschmiede lieben – ihre Fotos könnten die verlorene Pracht einfangen. Wie Gold, das im Sonnenlicht glänzt, wartet Eberswalde darauf, von neugierigen Reisenden entdeckt zu werden, die bereit sind, jenseits der ausgetretenen Pfade zu suchen.