Als ich in Bad Honnef aus dem Zug stieg, erwartete ich eine gewöhnliche rheinische Kleinstadt. Stattdessen fand ich ein architektonisches Phänomen: Diese 24.958-Einwohner-Stadt versteckt auf gerade einmal 48 Quadratkilometern mehr als 50 denkmalgeschützte Gebäude. „Das rheinische Nizza“, wie Alexander von Humboldt es nannte, liegt nur 15 Kilometer südlich von Bonn, wirkt aber wie eine Zeitkapsel eleganter Kurort-Architektur – ohne die Touristenmassen größerer Rheinstädte.
Die Morgensonne taucht die Jugendstilvillen in goldenes Licht, während ich die Hauptstraße entlangschlendere. Hier vereint sich rheinische Lebensart mit mondäner Kurort-Eleganz auf eine Weise, die ich in Deutschland selten erlebt habe.
Auf nur 48 Quadratkilometern: Deutschlands unentdecktes Jugendstil-Juwel
Bad Honnef überrascht mit einer ungewöhnlich hohen Dichte an historischen Gebäuden. 1,04 denkmalgeschützte Bauten pro Quadratkilometer – eine höhere Konzentration als in vielen berühmteren Städten. Das prachtvolle Kurhaus von 1906, ein Jugendstil-Meisterwerk, bildet das kulturelle Zentrum.
Anders als im nahen Siegburg mit seinem vergessenen Keramik-Erbe, konzentriert sich Bad Honnef auf architektonische Eleganz. Die Villen entlang der Hauptstraße zeugen vom Wohlstand der Kurstadt-Blütezeit im frühen 20. Jahrhundert. Prunkvolle Fassaden, filigrane Verzierungen und großzügige Gärten prägen das Stadtbild.
Im Stadtteil Rommersdorf entdecke ich die ältesten Fachwerkhäuser der Stadt – ein Kontrast zu den Jugendstilbauten im Zentrum. Die Dichte an historischer Substanz auf so kleiner Fläche ist bemerkenswert.
Warum Alexander von Humboldt Bad Honnef das „rheinische Nizza“ nannte
Der berühmte Naturforscher war nicht der einzige, der dem Charme Bad Honnefs erlag. Die Stadt profitiert von einem besonders milden Mikroklima, geschützt durch das Siebengebirge. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich der Ort zu einem beliebten Kurort für wohlhabende Städter.
Im Gegensatz zu Bad Münstereifel mit seiner mittelalterlichen Stadtmauer setzt Bad Honnef auf Belle-Époque-Charme und mediterranes Flair. Das Badehaus von 1901 im italienischen Renaissancestil unterstreicht diese Verbindung.
„Wir kommen seit Jahren hierher, um dem Trubel zu entfliehen. In Heidelberg oder Koblenz stehen Sie Schlange für jeden Kaffee. Hier genießen Sie Ihren Wein an der Rheinpromenade und haben das Gefühl, ein Geheimnis entdeckt zu haben.“
Dieser Vergleich mit Nizza ist keine Übertreibung: Die Kombination aus eleganter Architektur, rheinischem Panorama und südländischem Flair schafft eine einzigartige Atmosphäre, die an die französische Riviera erinnert – nur ohne Massentourismus.
50+ Architekturschätze zwischen Rhein und Siebengebirge
Während meiner Erkundung stolpere ich über versteckte Highlights: Das „Hontes“-Gebäude am Marktplatz verbirgt ein mittelalterliches Gefängnis im Erdgeschoss. Die katholische Pfarrkirche St. Johann Baptist mit Ursprüngen aus dem 8. Jahrhundert beherbergt ein spätgotisches „Heiliges Grab“ von 1514 mit lebensgroßen Figuren.
Die rheinische Kulturlandschaft zeigt sich auch im nahen Walporzheim mit seiner rekordverdächtigen Weinlage. Die Region vereint Weinbau, Kurkultur und architektonisches Erbe auf einzigartige Weise.
Besonders beeindruckend: Die Stadt wurde 922 n. Chr. erstmals als „Hunapha“ urkundlich erwähnt und feierte kürzlich ihr 1100-jähriges Jubiläum. Trotz dieser langen Geschichte blieb Bad Honnef von Touristenmassen verschont.
Der perfekte Sommer-Geheimtipp: Natur und Kultur ohne Touristenmassen
Für den idealen Besuch parken Sie kostenlos am Rheinufer und erkunden die Stadt zu Fuß. Die Rheinpromenade bietet im Sommer kühle Brise und spektakuläre Ausblicke. Morgens vor 10 Uhr oder nachmittags nach 16 Uhr genießen Sie die Altstadt bei bestem Licht und weniger Menschen.
Mein Insider-Tipp: Besuchen Sie das Kurhaus Live – eine Veranstaltungsreihe mit Musik, Theater und Varieté im historischen Festsaal. Die „Piaf à Paris“-Show verbindet französische Chansons mit Akrobatik und unterstreicht das mediterrane Flair der Stadt.
Als ich mit Sarah am letzten Abend auf der Terrasse eines kleinen Cafés an der Rheinpromenade saß, wurde mir klar, warum Bad Honnef als „rheinisches Nizza“ bezeichnet wird. Es ist dieser seltene Ort, der großstädtische Eleganz mit kleinstädtischer Ruhe verbindet – wie ein Geheimnis, das man eigentlich für sich behalten möchte, aber zu schön ist, um es nicht zu teilen.