Dieses Brandenburg Dorf von 1.326 Einwohnern beherbergt Europas letzte funktionierende Dreifach-Windmühle seit 1850

Der Motor des Leinölpresswerks erwacht knirschend zum Leben, während die mächtigen Holzflügel der Windmühle sich langsam gegen den brandenburgischen Himmel drehen. Ich stehe im Herzen von Straupitz, einem verschlafenen Dorf mit gerade einmal 1.326 Einwohnern, 100 Kilometer südöstlich von Berlin. Was mich hier fasziniert? Dieses winzige Spreewalddorf beherbergt Europas letzte funktionierende Dreifach-Windmühle – ein technisches Wunderwerk, das seit 1850 kontinuierlich in Betrieb ist. Während ich die 20 Meter hohe Holländermühle betrete, wird mir klar: Ich habe ein verstecktes Juwel deutscher Ingenieurskunst entdeckt, von dem selbst die meisten Brandenburger nichts wissen.

1.326 Einwohner – aber Europas einzige funktionierende Dreifach-Windmühle

Die schiere Mathematik beeindruckt: Ein Dorf mit 1.326 Einwohnern auf einer Fläche von 73 Quadratkilometern bewahrt ein technisches Unikat, das nirgendwo sonst in Europa existiert. Die 1850 erbaute Holländerwindmühle vereint drei Funktionen unter einem Dach: Mahlwerk, Sägewerk und Ölpresse.

„Es ist die letzte ihrer Art in ganz Europa“, erklärt mir der Müllermeister, während er die vier Jalousieklappenflügel justiert. Ein faszinierendes Detail: Diese spezielle Technik ermöglicht die Anpassung an wechselnde Windverhältnisse – eine Innovation aus dem 19. Jahrhundert, die bis heute funktioniert.

Während ich die Ölpressanlage besichtige, erlebe ich echtes Handwerk. Noch heute wird hier Straupitzer Leinöl nach traditioneller Methode hergestellt – ein geschmackvoller Beweis für die Relevanz dieses technischen Denkmals. Die Mühle ist kein Museum, sondern ein lebendiger Wirtschaftsfaktor für das kleine Dorf.

Neben einzigartigen technischen Denkmälern in Norddeutschland wie der letzten Bascule-Brücke gehört diese Dreifachmühle zu den verborgenen Perlen deutscher Ingenieurskunst.

Wie ein Spreewald-Mikrokosmos technische Geschichte bewahrt

Was Straupitz besonders macht: Dieses Mini-Dorf vereint gleich mehrere architektonische Meisterwerke. Neben der Mühle beherbergt es eine klassizistische Kirche, entworfen vom berühmten Architekten Karl Friedrich Schinkel zwischen 1828-1832. Mit ihren 40 Meter hohen Türmen überragt sie das flache Spreewaldgebiet weithin sichtbar.

„Wer hier herkommt, erwartet vielleicht Kahnfahrten und Spreewaldgurken. Was die meisten finden, ist eine überraschende Zeitreise in die Industriegeschichte – ohne Touristenmassen, die einem die Sicht versperren.“

Im Gegensatz zum überlaufenen Lübbenau, wo sich Besucher in Scharen durch die Kanäle schieben lassen, bietet Straupitz eine ruhige Alternative. Die Schinkel-Kirche in Straupitz ist nicht der einzige ländliche Meisterbau des berühmten Architekten – auch in Sachsen-Anhalt findet sich Schinkel-Architektur im ländlichen Raum.

Das dritte Juwel komplettiert den ungewöhnlichen Dreiklang: Der historische Kornspeicher von 1790 beherbergt heute ein Museum und Café. Die sorbischen Traditionen Straupitz‘ gehören zu den lebendigen Traditionen in kleinen deutschen Gemeinden, die über Jahrhunderte bewahrt wurden.

Insider-Tipps: Wie Sie Straupitz optimal erleben

Für den perfekten Besuch empfehle ich die Anreise an einem Dienstag oder Donnerstag. Die Mühle ist dann in vollem Betrieb, aber die wenigen Besucher verteilen sich gut. Parken Sie am besten auf dem Kirchplatz, von wo aus Sie alle drei Hauptattraktionen zu Fuß erreichen.

Timing ist entscheidend: Die Ölpressvorführungen finden täglich um 11:00 Uhr und 14:00 Uhr statt. Für ein authentisches Erlebnis kombinieren Sie den Mühlenbesuch mit einer Einkehr im Kornspeicher-Café, wo selbstgebackener Leinölkuchen – eine lokale Spezialität – serviert wird.

Die Sommermonate bis September 2025 bieten die besten Bedingungen: Die Mühlenflügel drehen sich regelmäßig, und die umliegenden Wanderwege durch den nördlichen Spreewald sind trocken und gut begehbar. Neben Straupitz‘ einzigartiger Dreifachmühle gibt es weitere versteckte technische Rekorde in Deutschland, die selten internationale Aufmerksamkeit erhalten.

Während ich am späten Nachmittag die letzten Fotos der Mühlensilhouette gegen die untergehende Sonne mache, denke ich an meine siebenjährige Tochter Emma. Sie würde die knarzenden Holzbalken und das rhythmische Klopfen der Ölstampfen lieben – ein lebendiges Schulbuch der Technikgeschichte. Der Tag in Straupitz fühlte sich an wie ein Sprung in eine Parallelwelt, in der die Zeit langsamer tickt, während die Mühlenflügel sich unermüdlich drehen – ein perfektes Symbol für diesen Ort, der wie ein vergessenes Zahnrad in der Tourismusmaschinerie Brandenburgs seine eigene Geschwindigkeit beibehalten hat.