Weniger touristisch als Timmendorfer Strand, dieses schleswig-holsteinische 6.161 Einwohner Ostseebad beherbergt Deutschlands einzige Strand-Museumsbahn

Der Zug gibt ein tiefes Pfeifen von sich, während ich aus dem offenen Waggonfenster die Ostseeluft einatme. Die über 50 Jahre alte Dampflokomotive rollt gemächlich in Richtung Schönberger Strand – Teil einer einzigartigen Bahn-Erlebniswelt, die in Deutschland ihresgleichen sucht. Hier in Schönberg, einem unscheinbaren Ort mit gerade einmal 6.161 Einwohnern, verbirgt sich ein vergessenes Juwel: die einzige Museumsbahn Deutschlands, die historische Dampf- und Dieselzüge sowie Straßenbahnen direkt an einen malerischen Ostseestrand bringt.

Als ich am Bahnhof ankam, staunte ich über die liebevoll restaurierten Fahrzeuge. Ein älterer Herr mit wettergegerbtem Gesicht putzte gerade die Messingteile einer Lokomotive. „Die meisten Leute fahren nach Kiel oder Lübeck“, sagte er mit einem Augenzwinkern. „Aber hier haben wir etwas, das die großen Städte nicht haben.“

Deutschlands einzige historische Bahn-Strand-Kombination seit über 50 Jahren

Die Schönberger Museumsbahn ist ein Phänomen. Im Gegensatz zur bekannten Brockenbahn im Harz oder dem Rasenden Roland auf Rügen bietet nur Schönberg die seltene Kombination aus historischer Eisenbahntechnik und direktem Strandanschluss. Die Bahn verkehrt ausschließlich an Wochenenden von Mai bis Oktober – ein zeitlich begrenztes Vergnügen.

Während ich im holzgetäfelten Waggon sitze, ruckelt der Zug vorbei an Salzwiesen und Dünen. Schleswig-Holstein bietet neben Schönbergs einzigartiger Museumsbahn weitere technische Raritäten wie die Schwebefähre in Rendsburg, doch die Kombination aus Nostalgie und Meeresbrise ist einzigartig.

Am Bahnhof Schönberger Strand angekommen, fällt mein Blick sofort auf die 260 Meter lange Seebrücke, deren Stahl-Lärchenholz-Konstruktion majestätisch ins Meer ragt. Familien schlendern über die Planken, während Fischer ihre Ruten auswerfen. Die Atmosphäre ist entspannt – weit entfernt vom hektischen Treiben der überlaufenen Ostseebäder.

U-Boot-Museum und Marine-Ehrenmal nur 10 km entfernt

Was Schönberg besonders macht, ist die Vielfalt auf kleinstem Raum. Nach meinem Strandspaziergang fahre ich nur 10 Kilometer zum Marine-Ehrenmal Laboe. Hier kann ich das letzte erhaltene U-Boot des Typs VII C besichtigen. Das weltletzte U-Boot-Museum in Laboe bietet eine beeindruckende Zeitreise.

Das 85 Meter hohe Denkmal mit seinen 341 Stufen bietet einen atemberaubenden Panoramablick über die Kieler Bucht. Im unterirdischen Gedenkraum herrscht eine ergreifende Stille, die zum Nachdenken anregt.

„Man kommt hierher und erwartet ein typisches Ostseebad. Doch dann entdeckt man diese ungewöhnliche Mischung aus maritimer Geschichte, technischem Erbe und unberührter Natur – eine Kombination, die ich in 20 Jahren Ostsee-Urlaub nirgendwo sonst gefunden habe.“

Nach dem Museumsbesuch nehme ich mir Zeit für einen Abstecher zum Gut Panker, einem versteckten Kleinod mit nur 80 Einwohnern. Hier treffe ich auf die berühmte Trakehner-Pferdezucht und entdecke Kunstgalerien in jahrhundertealten Scheunen. Wer nach dem Besuch in Schönberg weitere architektonische Schätze in Schleswig-Holstein erkunden möchte, findet in Friedrichstadt ein faszinierendes holländisches Ensemble – ein weiteres verstecktes Juwel der Region.

Was die Reiseführer Ihnen nicht erzählen

Für das perfekte Schönberg-Erlebnis sollten Sie die Museumsbahn am frühen Vormittag besuchen, wenn die Züge noch nicht voll sind. Parken Sie kostenlos am Museumsbahnhof Schönberg und nutzen Sie das Kombiticket für Bahn und Strand (Erwachsene 12€, Kinder 6€).

Die besten Fischbrötchen gibt es nicht an den großen Ständen, sondern am kleinen Kiosk „Küstenfischer“ direkt neben der Seebrücke. Probieren Sie unbedingt den geräucherten Matjes – eine lokale Spezialität, die mit frischem Schwarzbrot serviert wird.

Während Schönberg mit seinem Strand beeindruckt, finden Naturliebhaber auch an anderen Ostseeorten wie Baabe ökologische Besonderheiten. Doch die Kombination aus historischer Bahn, Strand und maritimem Erbe macht Schönberg einzigartig.

Besuchen Sie den Ort an einem Donnerstag, wenn der kleine Wochenmarkt auf dem Dorfplatz stattfindet. Hier können Sie handgemachte Marmeladen und geräucherten Fisch direkt von den Produzenten kaufen – ein authentisches Erlebnis abseits der Touristenpfade.

Als ich zum Bahnhof zurückkehre, um meinen Zug nach Kiel zu nehmen, denke ich an die Worte meines Vaters, der immer sagte: „Die besten Orte sind die, von denen dir niemand erzählt hat.“ Schönberg ist genau so ein Ort – ein Stück ursprüngliches Deutschland, das noch nicht von Touristenmassen entdeckt wurde. Meine Frau Sarah würde die historischen Straßenbahnen lieben, und meine Tochter Emma wäre begeistert von der Kombination aus Zugfahrt und Strandabenteuer. Manchmal sind es die unscheinbaren Orte, die die tiefsten Spuren hinterlassen.