Weniger touristisch als Rothenburg ob der Tauber beherbergt diese fränkische Stadt von 80.580 Einwohnern 2.400 historische Gebäude

Ich bleibe am Ufer der Regnitz stehen, während das goldene Morgenlicht über 2.400 historische Gebäude streicht. Bamberg erwacht gerade, und die Stille ist magisch. In dieser Stadt mit nur 80.580 Einwohnern stehe ich inmitten eines der am besten erhaltenen mittelalterlichen Stadtzentren Europas. Ein Kontrast, der sofort ins Auge sticht: Fast jedes dritte Gebäude der Altstadt steht unter Denkmalschutz – eine Dichte, die selbst erfahrene Reisende überrascht.

Heute Morgen bin ich durch die gewundenen Gassen dieser fränkischen Stadt spaziert, die nur 230 km nördlich von München liegt. Was mich wirklich verblüfft: Während Touristenbusse in Rothenburg ob der Tauber Schlange stehen, herrscht hier eine entspannte Atmosphäre – zumindest noch. In wenigen Wochen wird sich das ändern.

Warum Bamberg im Juli 2025 kurz vor einem touristischen Wendepunkt steht

Bamberg steht an der Schwelle einer Transformation. Am 7. August 2025 beginnt das traditionelle Sandkerwa-Festival, bei dem die engen Gassen der Altstadt mit über 300.000 Besuchern gefüllt sein werden. Diese fünftägige Feier verwandelt die normalerweise ruhige UNESCO-Welterbestadt in ein fränkisches Volksfest.

„Wer Bamberg wirklich erleben will, kommt jetzt im Juli – bevor die Menschenmengen eintreffen“, flüstert mir ein Einheimischer zu, während er seinen Morgenkaffee im Schatten des alten Rathauses genießt. Er hat recht. Im Vergleich zu anderen historischen Städten mit einzigartigen Baudenkmälern, die bereits von Besuchern überlaufen sind, bietet Bamberg noch authentische Momente.

Was Bamberg besonders macht? Die Stadt wurde 1007 n. Chr. bewusst als „Fränkisches Rom“ angelegt – auf sieben Hügeln, genau wie die italienische Hauptstadt. Doch während Goslar mit seinen drei separaten UNESCO-Stätten oft im Rampenlicht steht, ist in Bamberg die gesamte Altstadt als einheitliches Ensemble geschützt.

Das architektonische Wunder: 2.400 historische Gebäude auf 54 Quadratkilometern

Die Statistik ist atemberaubend: 44 historische Gebäude pro Quadratkilometer – die höchste Dichte an Fachwerk- und Barockhäusern unter UNESCO-Schutz in Deutschland. Als ich durch das Viertel „Klein Venedig“ schlendere, wo Fischer- und Handwerkerhäuser direkt am Wasser stehen, wird mir klar, warum dieser Ort besonders ist.

„Wir haben keine einzelnen Sehenswürdigkeiten – die ganze Stadt ist eine einzige Sehenswürdigkeit. Das verstehen viele Besucher erst, wenn sie hier sind.“

Bamberg vereint auf einzigartige Weise drei verschiedene Stadtcharaktere: die geistliche Bergstadt mit dem imposanten Dom, die bürgerliche Inselstadt mit dem auf Pfählen errichteten Rathaus und die Gärtnerstadt mit ihrer seit dem Mittelalter erhaltenen Gartenkultur.

Franken ist nicht nur für seine Weintradition bekannt, sondern auch für Bambergs einzigartiges Rauchbier. In einer der zehn lokalen Brauereien erklärt mir der Braumeister die Besonderheit: „Unser Malz wird über Buchenholzfeuer getrocknet – ein Verfahren, das seit dem 14. Jahrhundert nahezu unverändert geblieben ist.“

Was die Reiseführer Ihnen nicht erzählen

Für den perfekten Bamberg-Besuch gibt es drei Insider-Tipps: Erstens, kommen Sie vor 9:30 Uhr zum Dom, um den berühmten Bamberger Reiter ohne Menschenmassen zu bestaunen. Diese rätselhafte Skulptur aus dem 13. Jahrhundert ist eines der größten Mysterien der mittelalterlichen Kunst.

Zweitens, besuchen Sie die Brauerei Schlenkerla am Dienstag oder Mittwoch, wenn die meisten Tagesausflügler fehlen. Das traditionelle Rauchbier schmeckt am besten direkt vom Fass in der historischen Schankstube.

Drittens, nehmen Sie den wenig bekannten Weg zur Altenburg durch den Hain-Park, statt der üblichen Touristenroute. Hier finden Sie einen versteckten Rosengarten mit dem besten Panoramablick über die Stadt. Ähnlich wie beim Weinfest in Bernkastel-Kues verwandelt sich auch Bamberg während des Sandkerwa-Festivals, aber der Juli bietet die authentischere Erfahrung.

Als ich zum Bahnhof zurückkehre, blicke ich noch einmal auf diese Stadt, die meine Frau Sarah fotografisch so gerne festhalten würde. Die Bamberger haben einen Ausdruck, der perfekt zu diesem Ort passt: „Mir ham’s fei schee“ – wir haben es wirklich schön. Während Städte wie Arnstadt mit Bach’scher Musikgeschichte beeindrucken, ist Bamberg wie ein vollständig erhaltenes mittelalterliches Gemälde, das nur darauf wartet, entdeckt zu werden – am besten jetzt, bevor der August die Ruhe dieser fränkischen Perle unterbricht.