Der Wein leuchtet golden im Glas, während die Abendsonne die Weinberge über mir in bernsteinfarbenes Licht taucht. Ich sitze auf der Terrasse des Schloss Staufenberg, einem mittelalterlichen Gemäuer aus dem 11. Jahrhundert, das majestätisch über dem kleinen Ort Durbach thront. Mit nur 4.090 Einwohnern und einer erstaunlichen Dichte von mehr als 20 Weingütern auf gerade einmal 26,33 Quadratkilometern versteckt sich hier im Schwarzwald ein wahres Weinparadies, das selbst die berühmte Toskana in den Schatten stellt.
Mit 20+ Weingütern auf nur 26,33 km² übertrifft dieser 4.090-Einwohner-Ort die Toskana
Während ich durch die sanften Hügel Durbachs wandere, wird mir klar, warum dieser Ort den offiziellen Titel „Deutschlands Weinort Nr. 1″ trägt. Die Weinberge erstrecken sich von 158 Metern bis hinauf auf 873 Meter Höhe – ein beeindruckendes Terroir, das einzigartige Geschmacksprofile hervorbringt.
Als Reisejournalist habe ich zahlreiche Weinregionen besucht, aber die Weingutdichte hier ist phänomenal. In der Toskana müsste man oft kilometerweit fahren, um von einem Weingut zum nächsten zu gelangen. In Durbach liegen sie praktisch Tür an Tür.
Die Weinbautradition reicht hier bis ins 14. Jahrhundert zurück, als die Markgrafen von Baden systematisch mit dem Rebenanbau begannen. Heute produzieren lokale Winzer wie Andreas Männle noch immer nach traditionellen Methoden – ohne den Massentourismus, der die italienischen Pendants überschwemmt.
„In Durbach erlebt man noch echte Weinkultur. Man sitzt nicht mit hundert anderen Touristen in einer überfüllten Verkostungshalle, sondern wird persönlich vom Winzer durch die Reben geführt und bekommt Geschichten erzählt, die keine Reisebroschüre kennt.“
Schloss Staufenberg: Mittelalterliches Weinjuwel mit 700-jähriger Tradition
Das Schloss Staufenberg bildet das kulturelle Herzstück Durbachs. Anders als die überlaufenen Weinschlösser der Toskana kann man hier bis 18 Uhr kostenlos die Turmanlage besichtigen und einen atemberaubenden Panoramablick genießen, der bis in die Rheinebene reicht.
Die hauseigene Weinstube serviert lokale Weine in historischem Ambiente – ein Erlebnis, das selbst meine Frau Sarah, die sonst kritische Fotografin, mit ihrer Kamera kaum einfangen konnte. Die Außenterrasse bietet besonders am Abend jene magischen Momente, wenn die Weinberge golden leuchten.
Neben dem Schloss beherbergt Durbach auch das Museum für Aktuelle Kunst und einen Skulpturenpark, der Kunstwerke in die Natur integriert. Wer eine Alternative zu den überfüllten Kunstschätzen in Naumburg sucht, wird hier fündig.
Was Weinkenner an Durbach der Toskana vorziehen
Der wahre Unterschied liegt in der Authentizität. Während toskanische Weingüter oft zu touristischen Attraktionen verkommen sind, bewahrt die Durbacher Winzergenossenschaft ihre Tradition durch persönliche Weinverkostungen. Ähnlich wie die fränkische Weinkultur in Sommerach setzt man hier auf Qualität statt Quantität.
Durbach bietet zudem 40 bewohnte Seitentäler, die zu Wanderungen einladen. Der Talweg führt im Frühjahr durch Kirschblütenalleen – ein Fotomotiv, für das meine Frau Sarah stundenlang das perfekte Licht abwartete.
Die Kombination aus Wein und Natur macht Durbach besonders: Von den steilen Weinbergen bis zum Mooskopf, dem höchsten Berg auf 873 Metern, findet man hier Landschaften, die in anderen Weinregionen längst dem Massentourismus zum Opfer gefallen sind.
Perfekter Besuchsmoment: Das 63. Durbacher Weinfest im Juni 2025
Wer Durbach besuchen möchte, sollte das 63. Durbacher Weinfest am 8. und 9. Juni 2025 nicht verpassen. Anders als überfüllte italienische Weinfeste bietet es authentische Weinverkostungen, Livemusik und regionale Spezialitäten ohne Touristenmassen.
Der beste Zugang erfolgt über die B3 von Offenburg, das nur sieben Kilometer entfernt liegt. Am Schloss Staufenberg ist der Parkplatz begrenzt – kommen Sie vor 10 Uhr oder nach 16 Uhr für die besten Chancen.
Nach dem Weinfest lohnt sich ein Abstecher zu den beeindruckenden Naturerlebnissen in Todtnau, um die Vielfalt des Schwarzwalds zu erleben. Geschichtsinteressierte können ihre Deutschlandreise mit einem Besuch des historischen Gefängnisses in Waldheim fortsetzen.
Als ich mit meiner siebenjährigen Tochter Emma durch die Weinberge wanderte, fragte sie, warum hier so wenige Menschen seien, während wir letztes Jahr in der Toskana kaum einen ruhigen Moment fanden. Die Antwort ist einfach: Durbach ist wie ein gut gehütetes Familiengeheimnis – wer es kennt, bewahrt es lieber für sich. Doch wie jedes wirklich besondere Reiseziel verdient es, von jenen entdeckt zu werden, die Authentizität dem Massentourismus vorziehen.